Siedfleisch: Auf die Spitze getrieben.

Siedfleisch: Auf die Spitze getrieben.

Siedfleisch

Siedfleisch ist ein schlichtes Gericht, dass bei der Zubereitung aber Sorgfalt und Geduld erfordert. Nur so gerät der Tafelspitz zu einem Genuss, der schon gekrönte Häupter entzückte.

Es heisst, Tafelspitz sei das Lieblingsgericht von Sissi-Kaiser Franz Josef I. gewesen. Seinen Namen verdankt dieses bis heute bekannteste Siedfleischstück aber nicht dem Kaiser. Vielmehr stammt er daher, dass dafür typischerweise das nach seiner dreieckigen Form benannte Stück am Ende des Hüftdeckels – also in etwa dort, wo der Schwanz aus dem Rind kommt – verwendet wird.

Ob der Hüftdeckel tatsächlich die beste Wahl ist, hängt vom gewünschten Ergebnis ab. Da der Tafelspitz sehr mager ist und einen gleichmässig, schräg verlaufenden Faserverlauf hat, ist das Fleisch zart, aber unter Umständen etwas trocken. Und der Sud – also die Fleischbouillon, die gleich mitentsteht – wird nicht so kräftig. Deshalb ist der Tafelspitz nicht unbedingt das geeignetste Stück zum Sieden. Dafür sind eher die Teile geeignet, die gut durchwachsen, also von Fett und Sehnen durchzogen sind. Die schmelzen beim langsamen Sieden, dringen in die Fleischfasern ein und machen das Fleisch durch und durch saftig. Geeignet sind zum Beispiel Wade, Brustkern, Schulter oder Hohrückendeckel. Der Metzger Ihres Vertrauens wird das richtige Stück haben, wenn Sie ihm erklären, was Sie vorhaben und nicht einfach nur Suppenfleisch verlangen.

Immer gleich ist das Grundrezept: Das Suppengemüse, Lorbeerblätter, drei bis vier Markknochen, ein paar Pfefferkörner und mindestens 1.5 kg Rindfleisch in die Pfanne geben, mit kaltem Wasser bedecken und langsam zum Sieden bringen. Niemals darf das Wasser kochen. Es muss unterhalb des Siedepunkts langsam ziehen. Wie lange das Fleisch garen muss, hängt davon ab, welches Stück es ist, wie alt das Rind war und wie hoch der Fett- und Sehnenanteil ist. Drei Stunden sollten es schon sein.

Serviert wird der Tafelspitz in Österreich mit dem Suppengemüse und mit Kren – geriebenem Meerrettich. In Italien heisst Siedfleisch Bollito und wird mit einer sehr aromatischen Salsa verde gegessen. Und in der Schweiz? Gibt es traditionell Schnittlauch und Salzkartoffeln dazu.

Wer wie Franz Josef auf junges, zartes Fleisch steht, der kann Tafelspitz übrigens auch mit Kalbfleisch zubereiten. Das ist keine Sünde.